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Plattenspieler, Typ Electrola (Foto: Maike Glöckner)
Otto Bremer (1862-1936) (NOB)

Das Schallarchiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sammelt und bewahrt seit fast 100 Jahren Tondokumente zur gesprochenen Sprache. Gewachsen und untergebracht ist es in der Abteilung für Sprechwissenschaft und Phonetik.

Tondokumente sind eine wichtige Grundlage für die Lehre und Forschung dieser Wissenschaften. Die über 12 000 Einzelaufnahmen stellen ein in seiner Zusammenstellung einmaliges kulturelles und wissenschaftsgeschichtliches Erbe dar. Ausgebaut und erweitert wird durch die ständige Übernahme neuer Dokumente.

Die Sammlung dokumentiert nicht nur die historische und gegenwärtige sprechwissenschaftliche Forschung, sie dient vor allem als sprudelnde Quelle für weitere Forschungen.

Die gesprochene Sprache wird in Halle in den Fachgebieten Phonetik, Rhetorik, Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen sowie in der sprechkünstlerischen Kommunikation gelehrt. Die Zusammensetzung des Archivbestandes wurde und wird dadurch geprägt.

Diese Präsentation soll einen ersten Einblick in die Bestände des Archivs geben. Bei Interesse und für weitere Recherchen steht dem Nutzer eine umfangreiche Datenbank in der Abteilung für Sprechwissenschaft und Phonetik zur Verfügung.

Grammophon „Electromophon“, Typ U, Baujahr 1925 (Foto: Maike Glöckner)

Kleine Historie und Ausblick

Gegründet wurde das Schallarchiv 1910 von Otto Bremer (1862-1936). Tondokumente sind immer an technische Geräte gebunden. Der Mundartforscher nutze die Erfindungen seiner Zeit und trug unter dem Namen „Phonetische Sammlung“ verschiedene Apparate zusammen. Der Edison Phongraph, der Parlograph und das Kymographion dienten seinen Forschungen zur gesprochenen Sprache.

Ab 1925 beginnt Richard Wittsack (1887-1952) für seine Bedürfnisse eine eigene sprechkundliche Sammlung aufzubauen. Diese umfasst Apparate, Anschauungsmaterialien, Lehrmittel und zahlreiche Tonkonserven.

Tonfilmprojektor Typ: TK 16/501 für 16mm Schmalfime [VEB Carl Zeiss Jena], Baujahr 1953 (Foto: Maike Glöckner)
Abspielnadeln für historische Schallapparate (Foto: Maike Glöckner)

Die Sammlungen der beiden Wissenschaftler wurden nach dem Tod von Otto Bremer (1936) vereint. Richard Wittsack war sehr um den Ausbau und die Erhaltung der wertvollen Dokumente bemüht. Er kannte die Bedeutung der Sammlung und wie eng sie mit seinem Fach verbunden ist. 1947 wurde sogar der Institutsname erweitert, zum „Institut für Sprechkunde und Phonetische Sammlung“.

Heute ist die Erwähnung im Institutsnamen verschwunden. Die Bedeutung aber ist geblieben.

Verursacht durch schlechte Lagerbedingungen oder auch politische Verhältnisse ist die ursprüngliche Sammlung leider nicht mehr ganz vollständig.

Die größte Herausforderung für die Zukunft bleibt die fortdauernde und vollständige Bewahrung der bereits archivierten und hinzukommenden Stimmen.

Die Daten befinden sich zum größten Teil noch auf ihren Originaltonträgern. Dazu gehören Wachs-Walzen von 1910-1920, Schellackplatten bis 1945, Decelith-Folien, modernere Schallplatten vor allem aus der DDR-Litera- Produktion, Studio- und andere Bänder ab 1950 und diverse Kassetten. Der Erhalt und die Pflege dieser vom Zerfall bedrohten Daten erfordert aufwendige konservatorische Maßnahmen. Die Abteilung bemüht sich entsprechend seinen Möglichkeiten stetig um eine weitere Sicherung des Bestandes für kommende Generationen.

Detail einer phonetischen Lehrtafel (Deutsche Lauttafel nach Menzerath 1926) (Foto: Peter Müller)

Die Förderung des Schallarchivs

Die Erhaltung, Erweiterung, Nutzung, Ausstellung (teilweise) sowie vorzunehmende Aufarbeitungs- und Digitalisierungsmaßnahmen werden in erster Linie durch die Abteilung Sprechwissenschaft und Phonetik finanziell und personell abgesichert.

Die Vereinigung der Freunde und Förderer der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg e.V. (VFF) hat 2001 die Restaurierung von Wachswalzen durch Herrn Dipl.-Restaurator Nikolai Exner mit 2000,- DM unterstützt.

2014 wurden 120 Wachswalzen durch das Ethnologische Museum der Staatlichen Museen zu Berlin, Abt. VI Medientechnik, Musikethnologie und Berliner Phonogramm-Archiv digitalisiert sowie umfangreich technisch und inhaltlich dokumentiert. Sämtliche Kosten wurden dabei von dem Ethnologischen Museum übernommen.

Seit 2015 wird das Schallarchiv durch Frau Waltraud Roesel (Salzgitter) finanziell unterstützt. Frau Roesel ist die Enkeltochter des Begründers der Phonetischen Sammlung, Otto Bremer. Durch ihre großzügige finanzielle Unterstützung ermöglicht sie die laufende Finanzierung einer Hilfskraft für die fachliche Betreuung des Schallarchivs sowie anderer notwendiger Ausgaben für den Erhalt, die Aufarbeitung und die Präsentation des Schallarchivs.

Öffnungszeiten

Die phonetische Sammlung der Abteilung für Sprechwissenschaft und Phonetik kann nach Anmeldung besucht werden. Anmeldungen können erfolgen unter +49(0) 345 55-24463 oder per mail .

Sie befindet sich im Gebäude C, Sektion C2 und C3, am Steintorcampus der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Professorin Susanne Voigt-Zimmermann und Peter Müller, Ingenieur der Abteilung Sprechwissenschaft, begutachten historische Schallplatten und Tonbänder. (© Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/ZB)